* 19. April 1974
von Britta Schilling-Wang
Essay
Borboudakis' Kompositionen erscheinen als Reflexe innerer Eindrücke, der Auseinandersetzung mit philosophischen Ideen, mit Klängen und Formen. Werktitel haben einen unmittelbaren Bezug zur Komposition und verstehen sich als Hinweise auf Struktur, Ausdruck oder Impressionen. Bisher komponierte Borboudakis überwiegend Instrumentalmusik; auch die Singstimmen seiner Vokalwerke sind meistens instrumental geführt.
Seine kompositorischen Fragestellungen fasst er häufig in Werkreihen zusammen, um sie unterschiedlich zu beleuchten. So behandeln die Nachklänge für verschiedene Besetzungen (I für Klarinette und Cimbalom, 1994; II für Violoncello, 1995; IV für Klavier, 1995; VI für Ensemble, 1996; III für Altflöte und Klavier, 1997; V für Schlagzeug, 1997) das „Nachklingen“ sowohl in formal-stilistischem Sinn (Führen von Linien, Bildung harmonischer Zusammenhänge, Komposition „klassischer“ Formen, Ausarbeiten repetitiver Muster, Verwendung antiker Modi) als auch akustisch durch die Wiederholung kurzer Motive, einzelner Akkorde und Töne. Diese Werkreihe offenbart bereits grundlegende Züge von Borboudakis' Musik: die Entwicklung aus kleinsten Elementen, einen ausgeprägten Formwillen, extreme Klangkontraste, ostinate rhythmische und melodische Verläufe, einen auf dem Gegensatz von Ruhe und aufgewühlten rhythmischen Passagen beruhenden Spannungsbogen.
Borboudakis' Musik ist Zeitkunst im ureigensten Sinne, denn sie entspringt einem körperlich erlebten Gefühl für Rhythmus und einem feinen Gespür für das klangfarbliche Potenzial der Schlaginstrumente. ...